Nach der letzten öffentlichen Raus-aus-der-Lustfalle-Challenge fragte mich ein Zuschauer: „Wie werde ich denn nun nach der Challenge nicht wieder rückfällig?“

Die Antwort ist kompliziert und ich habe sie auch in meinem Blogartikel Muss ich vegan werden, um meine Esssucht zu heilen nicht beantwortet. Denn leider muss man nicht vegan werden, um seine Esssucht zu heilen. Der Tierschützer in mir wünscht sich, dass es so wäre, aber es ist nicht so. Vielmehr muss man, um nicht wieder rückfällig zu werden, sein Verhältnis zu den unterschiedlichen Nahrungsmitteln ganz genau kennenlernen und in Erfahrung bringen, wie süchtig man auf welches Nahrungsmittel reagiert.

Zuckersucht ist viel eindeutiger wahrzunehmen als die Sucht nach Kaffee oder auch nach Fett. Wenn man sich Zucker aber mal verkneift, kann man sehr genau feststellen, dass man, sobald Zucker für die Herstellung guter Gefühle nicht zur Verfügung steht, man alternativ gerne zu fettiger Nahrung greift. Viele Veganer nehmen dann Tofu, Sojajoghurt oder Nüsse. Bei den Produkten empfinden sie dann durchaus ein Sättigungsgefühl, welches sie beim Zucker nur geringfügig haben. Das ändert aber nichts daran, dass sie auch diese Nahrungsmittel missbrauchen, um schlechte Gefühle zu bewältigen. Deshalb sind in der Raus-aus-der-Lustfalle-Challenge sowohl zucker- als auch fetthaltige Nahrungsmittel nicht erlaubt. So kommt man nicht auf die Idee, seine Gefühle mit Fett in sich rein zu stopfen. Stattdessen kann man sie wahrzunehmen und als Indikator dafür nutzen, zu erkennen, was einen unglücklich macht und diese Situation oder seine Einstellung zu der Situation dann entsprechend ändern.

So gibt es auch hier wieder zwei Seiten, die zu beachten sind:

Wenn man Nahrungsmittel isst, die das Belohnungssystem aktivieren (und hier sind auch alle tierischen Nahrungsmittel gemeint), dann sollte man das NICHT tun, wenn man sich schlecht fühlt. Sprich, man muss genug Achtsamkeit aufbringen und seine Gefühle kennenlernen. Wenn einem langweilig ist, man traurig ist, sich einsam und alleine fühlt, man frustriert oder gestresst ist und man BOCK auf ein bestimmtes Nahrungsmittel hat, dann sollte man NICHT danach greifen. Denn dann bedient man die Sucht.

Wenn man hingegen auf einer Feier ist, es Feiertag ist, man in netter Gesellschaft ist, dann kann man ruhig dazu greifen. – Soweit klar? –  Wenn du also eh schon Belohnungsbotenstoffe ausschüttest, ist es ok. Wenn du sie nicht ausschüttest, musst du deinen rationalen Verstand bemühen und dich ernsthaft fragen: „Was ist gerade mit mir los?“ Welche Gefühle treiben mich um? Was gefällt mir an der Situation nicht? Wie kann ich sie ändern? Wenn ich sie nicht ändern kann, kann ich meine Einstellung zu ihr ändern?“

Wenn du in dieser Situation isst, hast du nicht die Möglichkeit, sie zu lösen. Du MUSST diese Gefühle wahrnehmen, denn sie sind ein Indikator dafür, was du ändern musst, um glücklicher zu werden.

Natürlich kann es auch sein, dass dir genau das nicht gelingt. Du weißt, dass du dich mies fühlst, du weißt nicht warum und greifst zu deinen Freunden Ben & Jerry, die dich trösten. – Auch das ist kein Weltuntergang, solange du am nächsten Tag erkennst, dass das Greifen nach Drogennahrung ein Symptom war und du dich dann fragst, was am Vortag wirklich mit dir los war. Wenn du das nachträglich erkennst, kannst du für das nächste Mal vorsorgen und eine derartige Situation vermeiden oder anders mit ihr umgehen.

Machen wir uns aber nichts vor: 85% aller Alkoholiker werden rückfällig und 99% aller Diäten scheitern. Du lebst in einer Welt in der 90% deiner Mitmenschen esssüchtig sind und die meisten wissen es nicht, weil sie den Unterschied zwischen Hunger und Befriedigung des Belohnungssystems nicht kennen.

Es kann auch sein, dass du für dich die Entscheidung triffst, dass du dich selbst lieber nicht in Versuchung führen willst und die Challengeernährung dauerhaft durchziehen möchtest. Auch das hat gewisse Vorteile, aber macht dir das Leben in Gemeinschaft möglicherweise schwer.

Also, wie wirst du nicht wieder rückfällig?

Indem du die Substanz nie zwei Tage hintereinander konsumierst.

Indem du sie nicht konsumierst, wenn es dir schlecht geht.

Und indem du Methoden findest, mithilfe anderer Dinge Glück zu generieren als mit Essen.